Warum Spiele immer länger werden - und ob das gut ist

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Früher waren Videospiele kurz, knackig – und oft innerhalb weniger Stunden durchgespielt. Heute sind 40, 60 oder sogar 100 Stunden Spielzeit keine Seltenheit mehr. Viele Spieler begrüßen das, andere empfinden es als überfordernd oder künstlich gestreckt. Doch warum werden Spiele überhaupt immer länger?

18.04.2025, 12:41 Uhr | von Daniel Herndler | News
Warum Spiele immer länger werden - und ob das gut ist
Bildquelle: Netzausfall (Montage) | Gaming

Ob Open-World-Abenteuer, Rollenspiel oder Live-Service-Game – Länge scheint zum Qualitätsmerkmal geworden zu sein. Auch Anbieter wie nv.casino beobachten, wie Spielzeit und Nutzerbindung miteinander verknüpft sind. Denn je länger jemand spielt, desto höher ist oft auch das Monetarisierungspotenzial. Aber geht Quantität wirklich immer über Qualität?

Der Wunsch nach mehr Inhalt – getrieben von Spielern?

Spieler wollen mehr für ihr Geld – das ist ein weit verbreitetes Argument. Wer 70?€ für ein Spiel bezahlt, erwartet im Gegenzug oft eine gewisse Spieltiefe und Dauer.

Gerade bei großen AAA-Titeln ist der Druck hoch, möglichst viel Content zu liefern. Story-Kampagnen, Nebenquests, Crafting-Systeme und Sammlerstücke sollen den Wert steigern. Viele Studios bewerben ihre Spiele aktiv mit Spielzeitangaben („über 100 Stunden Spielspaß“). Doch die Länge allein sagt noch nichts über die Qualität der Inhalte aus. Spieler unterscheiden zunehmend zwischen sinnvoller Tiefe und künstlicher Streckung.

Open World und die Illusion von Freiheit

Open-World-Spiele gelten als Synonym für lange Spielzeit. Große Karten, zahllose Nebenaufgaben und erkundbare Gebiete sorgen für viele Stunden Spielzeit – oft unabhängig von der Hauptstory.

Was früher als Innovation galt, ist heute Standard geworden. Doch viele Spieler kritisieren inzwischen redundante Inhalte und generische Missionen. Die Freiheit, überall hinzugehen, wird durch sich wiederholende Aufgaben relativiert. Wenn der Spielverlauf nicht genug variiert, schlägt Quantität schnell in Monotonie um. Trotzdem sind Open Worlds weiterhin beliebt – vor allem, wenn sie gut erzählt und visuell überzeugend gestaltet sind.

Live-Service-Games und tägliche Spielpflicht

Spiele wie Fortnite, Genshin Impact oder Destiny 2 setzen auf regelmäßige Updates und tägliche Herausforderungen. Spieler sollen möglichst jeden Tag einloggen, um nichts zu verpassen.

Das verlängert die Spielzeit künstlich – bindet aber auch langfristig. Viele Spieler empfinden diese Mechanik als motivierend, andere als stressig oder „zeitfressend“. Besonders bei Season-Pässen oder Events entsteht der Druck, Inhalte in einem begrenzten Zeitraum zu absolvieren. Dadurch fühlen sich manche Spieler eher verpflichtet als unterhalten. Dieser Wandel vom Hobby zum täglichen Ritual ist nicht für alle Zielgruppen ideal.

Wirtschaftlicher Druck: Mehr Spielzeit = mehr Einnahmen?

Je länger ein Spiel gespielt wird, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit von In-Game-Käufen, DLC-Verkäufen oder Abo-Verlängerungen. Gerade bei Free-to-Play-Games ist Spielzeit ein direkter Erfolgsfaktor.

Lange Spielzeit bedeutet mehr Sichtbarkeit in sozialen Netzwerken, längere Streams auf Twitch oder YouTube – und damit mehr Marketingeffekt. Auch algorithmische Empfehlungen in Stores belohnen hohe Nutzerbindung. Spiele mit hoher Spielzeit gelten intern als „gesund“, da sie stabile Nutzerzahlen liefern. Studios planen ihre Inhalte daher oft um langfristige Nutzung herum – nicht nur um den eigentlichen Launch herum.

Die Kehrseite: Erschöpfung und Spielabbrüche

Nicht alle Spieler können oder wollen 60 Stunden in ein Spiel investieren. Beruf, Familie und andere Hobbys lassen oft nur begrenzte Zeit für Games.

Wenn ein Spiel zu umfangreich wirkt, schrecken potenzielle Käufer sogar zurück. Untersuchungen zeigen, dass viele Titel nie zu Ende gespielt werden – trotz positiver Kritiken. Der sogenannte „Pile of Shame“ wächst, wenn Spiele nicht nur länger, sondern auch komplexer werden. Frust entsteht, wenn Inhalte als Pflichtprogramm wahrgenommen werden. Auch das Gefühl, etwas zu verpassen, kann negativ auf das Spielerlebnis wirken.

Spielzeit und Qualität – ein schwieriger Balanceakt

Mehr Inhalt ist nicht automatisch besser. Gute Spiele erkennen den richtigen Moment für ein Ende – und vermeiden künstliche Längen.

Spiele wie Portal, Journey oder Inside zeigen, dass auch kurze Titel tiefe Emotionen und bleibende Eindrücke hinterlassen können. Umgekehrt verlieren sich manche Großproduktionen in Sammelobjekten und Füllquests. Entscheidend ist, ob ein Spiel sein Pacing beherrscht und den Spieler sinnvoll führt. Viele Entwickler suchen heute bewusst nach der Balance zwischen Spielzeit, Qualität und Wiederspielwert.

Community-Druck und FOMO

In Zeiten von Social Media und Online-Multiplayer fühlen sich viele Spieler unter Druck gesetzt, „mitzuhalten“. Wer ein Spiel nicht durchgespielt hat, kann in Foren, Streams oder Gesprächen schnell außen vor stehen.

Diese Angst, etwas zu verpassen (FOMO), wird durch Updates, Events und Online-Inhalte noch verstärkt. Viele Games bauen gezielt Zeitdruck ein, um Engagement zu steigern. Doch nicht alle Spieler genießen diesen Druck – für manche wirkt er wie ein Job statt wie Freizeit. Entwickler müssen diesen Spagat meistern: Motivation schaffen, ohne Überforderung zu provozieren.

Weniger kann mehr sein

Lange Spiele haben ihre Berechtigung – besonders, wenn sie Inhalte sinnvoll strukturieren. Doch Quantität allein sollte kein Qualitätsmerkmal sein.

Spieler wünschen sich Freiheit, aber auch klare Ziele und nachvollziehbares Pacing. Die besten Spiele 2025 sind nicht zwangsläufig die längsten, sondern die, die ihren Umfang richtig nutzen. Weniger kann mehr sein – vor allem, wenn das Erlebnis stimmig, emotional und gut ins Leben integrierbar ist. Studios, die dies verstehen, werden auf lange Sicht erfolgreicher sein – bei Kritikern wie bei Spielern.

Daniel Herndler
Autor: Daniel Herndler
Redaktion
Daniel Herndler ist ein österreichischer Journalist.